SCHLIESSEN

Suche

Auf dem Weg zum Reformationsjubiläum

So feiert die Nordkirche

06.08.2015 | Mit großen Schritten geht die evangelische Kirche auf das 500 Jubiläum ihrer Entstehung zu – in einem guten Jahr ist es soweit, denn am 31. Oktober 2016 beginnt das Jahr, in dem sich die Reformation zum 500sten Male jährt.

Luther-Denkmal vor St. Michaelis/Hamburg

Martin Luthers Thesenanschlag an die Eingangstür der Schlosskirche zu Wittenberg wird traditionell als symbolischer Beginn der Reformation in Deutschland gedeutet und war daher weit mehr als nur eine Protest-Tat eines einzelnen Mönchs. Das Gebiet der Nordkirche wurde von Martin Luther nie betreten – trotzdem hat der Norden eine eigene Reformationsgeschichte, denn verschiedene regionale Reformatoren brachten die neuen Ideen hierher.

Zu nennen ist hier vor allem der Weggefährte Luthers, Johannes Bugenhagen. Er entwickelte neue Kirchenordnungen für den norddeutschen und skandinavischen Raum. Durch die Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse und die Klärung praktischer, juristischer und sozialer Fragen, hat Bugenhagen die heutige evangelische Kirche entscheidend mit geprägt. In Norddeutschland und Dänemark fanden sich schnell viele Anhänger für die neuen Lehren, und bis heute sind im Norden erheblich mehr evangelische als katholische Christen zuhause. „Aus diesem Grund wird das Jubiläum auch zwischen Husum und Hiddensee gebührend gefeiert, und das auch in ökumenischer Verbundenheit“, erklärt der Leiter der Arbeitsstelle für das Reformationsjubiläum der Nordkirche, Dr. Daniel Mourkojannis: „ Wir freuen uns vor allem, dass sich die Nordkirche in allen Regionen und auf allen Ebenen auf das Jubiläum vorbereitet. Viele Gemeinden planen eigene Projekte, so zum Beispiel die Stadtgemeinden von Schwerin, die einen Veranstaltungskanon vorbereiten, oder die Gemeinden in Lübeck, die ebenfalls ein umfangreiches Programm planen. Dazu kommen große Ausstellungsprojekte wie eine kooperative Ausstellung des schleswig-holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf mit dem pommerschen Landesmuseum Greifswald, die unter dem Namen „Eine Region im Wandel – der Norden wird evangelisch“ besondere Werke aus der Zeit der Reformation zeigen und museumspädagogisch einordnen werden.“

In Hamburg ist ein Lesefestival in Vorbereitung, bei dem prominente Künstlerinnen und Künstler an verschiedenen Orten der Stadt reformatorische Texte lesen und interpretieren werden, ebenso wie eine Ausstellung des Installationskünstlers Bill Viola in den Deichtorhallen. Ebenso große Veranstaltungen sind das geplante Slüterfest in Rostock, das eine Ausstellung mit einem Stadtfest, einem Theaterspektakel und verschiedenen musikalischen Aktionen verbindet. Die Ausgangssituation der Reformation beleuchtet das Ausstellungsprojekt Lübeck um 1500 – Kunstmetropole im Ostseeraum im Muse¬umsquartier St. Annen. Sie bietet einen Einblick in den Bedeutungswandel des Bildes an der Grenze zwischen Mittelalter und Neuzeit und beginnt bereits im kommenden September. Ein weiteres Highlight wird das Musiktheaterprojekt „Ritter, Tod und Teufel“. Dieses Projekt lässt die dramatischen Ereignisse um Thomas Aderpul in der Reformationszeit im Nordwesten Mecklenburgs wieder aufleben. In Gadebusch wird es einen Reformationstaler geben, der die Zeit der Reformation „begreifbar“ machen soll.

„Aus Altholstein kommt eine Idee, die für die gesamte Nordkirche spannend ist“, erzählt Mourkojannis: „ denn dort haben Kirchengemeinden Schulklassen aus der Umgebung zu einem „Reformationstag“ eingeladen. Zusammen mit dem Amt für Öffentlichkeitsdienst haben wir eine Materialsammlung zusammengestellt, mit der auch andere Gemeinden eine solches „Stationenspiel“ durchführen können und mit Kindern zwischen Klasse Drei und Fünf erleben können, wie die Reformation das Leben verändert hat “. Das Material ist gegen einen Unkostenbeitrag von 10 Euro im Kirchenshop erhältlich.

Insgesamt ist es Mourkojannis wichtig, dass „wir das Jubiläum nicht nur in einer Rückschau begehen, sondern auch immer wieder darüber nachdenken, was es heute bedeutet, evangelisch zu sein“. Die Reformation habe das Verhältnis von Mensch und Gott vom Kopf wieder auf die Füße gestellt. Die Erkenntnis, dass göttliche Gnade auch ohne priesterliche Vermittlung zu erlangen sei, habe dem gesellschaftlichen Zusammenleben neue Impulse beschert. „Die veränderte Gottesbeziehung hat eine Kultur der Individualität und der religiösen Mündigkeit begünstigt. Er weist daher auf die verschiedenen Wettbewerbe hin, die im Rahmen des Jubiläums ausgelobt werden, denn „sie bieten insbesondere Jugendlichen die Chance, einmal ganz zielgerichtet zu überlegen, wie „ihre“ Kirche aussehen könnte, wie sie in Predigten das Evangelium interpretieren und was genau sie selbst reformieren wollen.“

„Auf unserer Homepage finden sich mittlerweile auch viele Materialien zur Gestaltung von Gottesdiensten und Ideen für die Kinder- und Jugendarbeit“, erklärt Mourkojannis: „ Und wir freuen uns sehr, wenn Gemeinden und Mitarbeitende uns ihre Ideen und Entwürfe schicken, damit wir diese Ideenbörse weiter ausbauen können.“ Weiter ausgebaut wird auch das Angebot an Materialien zur Vorbereitung des Jubiläums. „Wir werden im Internet jetzt nach und nach Textbausteine für Gemeindebriefe anbieten, die die Themen des Reformationsjubiläums beleuchten“, führt Mourkojannis aus: „… denn das Jubiläum betrifft uns ja alle und findet nicht nur durch die kulturellen Großereignisse statt.“

Wenn der Leiter der Arbeitsstelle „alle“ sagt, dann ist das auch genau so gemeint: „ Wir erarbeiten zur Zeit gemeinsam mit den evangelischen Kindergärten eine „Luther-Schatz-Kiste“. Sie soll nach dem Sommer fertig sein und enthält Materialien, um Kindern im Vorschulalter die Themen der Reformation spielerisch nahezubringen, und wir entwickeln, auch gemeinsam mit anderen Landeskirchen, Ideen zur Teilhabe für Menschen mit Handicap“, beschreibt Mourkojannis. Das Jubiläum biete insgesamt auch die Möglichkeit, in Gemeinden „gemeinsam etwas Eigenes zu schaffen, dass aber ein Teil von etwas ganz Großem ist, wie es zum Beispiel im pommerschen Groß-Bistorf gelungen ist, wo ein generationsübergreifendes Luther-Musical Menschen miteinander in eine ganz neue Beziehung gebracht hat.“

Mourkojannis fasst zusammen: „Das Jubiläum kommt so oder so – und wir haben dadurch eine großartige Chance, die Herausforderungen der postmodernen Welt ökumenisch, interkulturell und zwischenmenschlich in den Blick zu nehmen, theologisch zu reflektieren – und dieses auch miteinander zu feiern“.