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Artist in Parish

Mit Maria durch die Nordkirche

13.03.2017 | Was verbindet Mölln (Mecklenburg), Hamburg St. Jakobi, Nieblum auf Föhr, Semlow-Eixen, Altengamme, Bordesholm, Gadebusch, Hamburg-Bahrenfeld und Husum miteinander? Diese Kirchengemeinden haben im vergangenen Jahr an „Artist in Parish“ teilgenommen, einem nordkirchenweiten Projekt zum Reformationsjubiläum. Jetzt ist der Katalog zu dem Projekt erschienen.

Die Idee stammt aus dem regionalen Kulturprogramm des Deutschen Evangelischen Kirchentags 2013 in Hamburg. Angelehnt an das Projekt „Artist in Residence“ zieht ein Künstler oder eine Künstlerin für zwei bis vier Wochen in einer Kirchengemeinde und arbeitet dort, in Kooperation mit den Menschen vor Ort, zum Magnificat.

„Das Kunst-Gemeinde-Projekt Artist in Parish knüpft an eine im Norden bewährte Tradition, denn auch wenn die Reformation in vielfacher Weise die Bedeutung des Wortes betont hat, artikulierte sie sich eben nicht allein im Wort, wie man das immer wieder verkürzt hören kann, sondern auch in Bild und Ton. Und der Norden kannte keineswegs einen Bildersturm, vielmehr blieb die sakrale Kunst auch in protestantischer Zeit noch jahrhundertelang Teil der Kirchausstattung und des Gemeindelebens. Das Bild blieb hier neben dem Wort stehen, ergänzte es; ein produktives und komplementäres Nebeneinander der verschiedenen Medien lässt sich beobachten.

Spannende Zeit in den Gemeinden

Eine Dominanz des Wortes festzuhalten griffe zu kurz,“ schreibt OKR Dr. Daniel Mourkojannis in seinem Impuls. Christel Burmeister-Gronau, Tim Haberkorn, m.u. kepno, Ursula Dietze, Christine DeBoom und Christoph Munzlinger, Stanislaus Müller- Härlin und Katrin Sabath-Härlin, Heidi Krautwald, Barbara Lorenz-Höfer und Ulrich Lindow liessen sich auf das Experiment ein und zogen nach Hamburg-Bahrenfeld, Husum, Gadebusch, Leplow, Nieblum, Bordesholm, Hamburg Mitte, Rosenow und Altengamme. Für die Gemeinden begann eine spannende Zeit, denn nie zuvor hatten sie ihre Kirche unter der Fragestellung der Atelier-Eignung betrachtet.

Die Gäste mussten untergebracht werden, die Materialien brauchten einen Raum – Begleitveranstaltungen wurden organisiert und Menschen eingeladen, sich an dem Projekt zu beteiligen. Und es hat funktioniert: Neunmal wurde das Magnificat interpretiert, neunmal ganz unterschiedlich und neunmal beeindruckend. Für viele Menschen in den Regionen veränderte das Projekt den Blick auf sakrale Kunst, und in manchen Fällen sogar auf die Kirche. „In unserer Kirche waren rund hundert Menschen und haben sich an dem Projekt beteiligt“, erzählt Gemeindepädagoge Wolfhard Rathke aus der Kirchengemeinde Mölln (Mecklenburg), wo Barbara Lorenz-Höfer in der Kirche in Rosenow arbeitete. „Dabei war beispielsweise auch der regionale Kindergarten, die Flüchtlingsinitiative und einfach Menschen aus der Gegend, die bisher noch nie in einer Kirche waren.“ Ähnliche Erfahrungen machten auch die anderen Kirchengemeinden: „„Was hier in unserer Kirche, aus unserer Zeit heraus entstanden ist, bleibt uns erhalten. Die Gespräche, die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Magnificat, das Kunstwerk: Das ist etwas von uns, und nicht aus der Barockzeit“, erzählt beispielsweise Magdalene Hoffmann aus Husum.

Das Magnificat als gemeinsame Grundlage

Im Grußwort erläutert Bischöfin Kirsten Fehrs: „Gemeinsame Grundlage war das „Magnificat“ aus dem Lukasevangelium und seine Auslegung durch Martin Luther. Das mag auf den ersten Blick überraschen, verbindet man in der Öffentlichkeit doch eher andere Momente wie den Thesenanschlag zu Wittenberg oder seinen mutigen Auftritt vor dem Reichstag zu Worms mit Martin Luther und der Reformation. Wir haben uns aber ganz bewusst für diese Frühschrift Martin Luthers aus dem Jahre 1521 entschieden, weil sie bereits wesentliche Themen der Reformation enthält. Maria wird dargestellt als Vorbild einer reformatorischen Glaubenseinstellung, die darin besteht, nicht auf eigene Größe zu bauen, sondern allein Gott und seiner Gnade zu vertrauen.“

Besonders zwei Sätze aus dem Magnificat haben sich in den entstandenen Kunstwerken visualisiert: Denn er hat mich, seine geringe Magd, angesehen.“ und „Er setzt die großen Herren von ihrer Herrschaft ab“. Auf Föhr fotografierte Christine DeBoom Konfirmandinnen und Konfirmanden, die alltäglichen Dingen durch ihre Aufmerksamkeit einen besonderen Wert verleihen, und in Gadebusch symbolisieren die zierlichen Stühle von m.u.kepno die Zerbrechlichkeit der Macht. Das „Angesehen-werden“ thematisierte auch Heidi Krautwald in Hamburg St. Jakobi, und in Leplow verband Ursula Dietze allen die Augen, so dass die Werke blind und nach Gefühl entstanden.

Mit der Figur der Maria beschäftigten sich in Husum Tim Haberkorn, sowie Ulrich Lindow in Altengamme – sie entwarfen in ihren Werken einen Zugang zu der Person Marias. Eine Momentaufnahme wagten Christel Burmeister-Gronau in Hamburg-Bahrenfeld und Stanislaus Müller-Härlin und Katrin Sabath-Härlin in Bordesholm, denn die hier erschaffenen Kunstwerke bleiben zwar dauerhaft in Erinnerung, sind aber bereits vergangen. Den Blick in den Himmel schult Barbara Lorenz-Höfer, die in Rosenow mit vielen Menschen gemeinsam eine „Wortwolke“ am Kirchenhimmel installiert hat.

Vorgestellt werden die Ergebnisse der Projekte jetzt in einem Katalog, der über www.glaubenssachen.de bestellt werden kann. ISBN 978-3-87503-199-7